Aufgewacht sind wir an einem kleinen Steinstrand in einer Bucht unweit von Trget. Um uns herum waren vereinzelte Fischerhütten und Sitzmöglichkeiten aus Holz an den Strand gebaut. Nach einem ausgiebigem Frühstück – natürlich gab es Haferflocken mit Äpfeln, Bananen und Rosinen – machten wir uns an die Berichte. Wir wollen wieder tagesaktuell werden.
Nach dem wir die Fahrräder und unser Gepäck den kurzen Wanderweg hinaufgeschufftet hatten, ging es sofort weiter mit dem nächsten Anstieg. Unser Weg führt derzeit immer wieder hinunter ans Meer bzw. auf Normalnull und von da aus über Berge und Felsen in die Städtchen auf der Steilküste. Unser Fitnesslevel hat sich den Höhen und Tiefen mittlerweile angepasst und es setzt eine gewisse Gewöhnung an das ständige bergauf und bergab ein.
Kurz bevor wir die Bergkuppe erreichten, wurde unser Wasser knapp. Bei 26 Grad und kroatischem Wetter (bisher ausschließlich Sonne!) kann dies schnell zu einem größeren Problem werden. Wir sammelten am Wegesrand noch einige frische Kräuter und waren überrascht über die Vielfalt und Menge der Gewürze. Neben Fenchel sammelten wir vor allem Oregano und Salbei. Nach dem Anstieg haben wir dann am erstbesten Haus im nächsten Dorf nach Wasser gefragt.
Malte lief vor und verschwand kurz hinter den wenigen Häusern an der Landstraße. Als er eine ältere Dame ansprach, um nach Wasser zu fragen, bestand diese darauf, dass wir zu dritt bei ihr im Vorgarten pausierten. Wir trafen Ljubica. Sie ist 75 Jahre alt und lud uns erstmal auf selbstgemachten montenegrinschen Raki von ihrem Bruder ein. Auf eine derartige Einladung hatten wir uns schon gefreut. Eigentlich hatten wir uns sogar schon gewundert, dass sie uns nicht schon früher passierte. Nichtsdestotrotz waren wir auch dieses Mal von der Gastfreundschaft überrascht. Wir bekamen Kekse zum besagten Raki und tauschten Familienfotos aus. Ljubicas vier Kinder sind während ihres Aufenthalts in Göttingen geboren, daher konnten wir uns auf deutsch unterhalten. Im Laufe unseres Gesprächs lehrte sie uns einen kroatischen Begriff der in gewisser Weise zu ihrer Lebensweise geworden war. „Pomalo“ bedeutet so viel wie „langsam“ oder „allmählich“. Sie müsse in ihrem Alter aufgrund ihres Herzens alles was langsamer angehen. Sie riet uns auch wir sollten auf es ruhig angehen und auf uns aufpassen. Wir tauschten ein paar Geschichten über die Familien aus. Unser eigentliches Anliegen hatten wir zu dem Zeitpunkt schon fast vergessen. Weil sie sehr schlecht zu Fuß war, halfen wir noch fix beim Aufräumen und bekamen schließlich unsere Wasservorräte aufgefüllt. Sie verabschiedete uns sehr herzlich und schmückte unsere Fahrräder noch mit ein paar Blumen aus Ihrem Garten.
Es war wieder eine tolle Begegnung mit einem herzensguten Menschen. Auch Ljubica wird eine Postkarte von uns bekommen. Manchmal können wir unser Glück, solche Begegnungen zu erleben, kaum fassen.
Die Weiterfahrt führte uns über hügeliges Terrain, aber immerhin über asphaltierte Straßen. Irgendwann wurde uns die Mittagssonne zu heiß und wir machten im nächsten Dorf, aufgrund fehlender Bänke, an einer Mauer Halt. Die Bankdichte fällt leider weiter und nähert sich mittlerweile einem kritischen Minimum. Im Schatten von ein paar Bäumen gab es eine große Brotzeit. Endlich konnten wir die gespendete Dosenwurst aus Kärnten probieren – schmeckt lecker. Wir arbeiteten weiter an den Berichten und dösten alle ein paar Minuten.
Wir konnten nur ein kleines Stückchen fahren, bis wir notgedrungen an der nächsten Bar halten mussten. Die Truppe musste aufs Klo. Den ganzen Tag hatten wir noch keine 20 km geschafft und es war schon Nachmittag. Wir wurden aber sogleich daran erinnert, dass der Weg das Ziel ist, nachdem wir herausfanden, dass wir in „Kroatiens bester Bar“ gelandet waren. Zumindest den Google-Bewertungen zufolge.
Wir bestellen uns etwas und wurden plötzlich von einem Regenschauer überrascht. Glücklicherweise hatten wir noch nicht ganz ausgetrunken und konnten uns unter die Überdachung setzen. Im gleichen Moment fuhren zwei weitere Radreisende an der Bar vorbei, die wir in unserer guten Laune an unseren Tisch heranwinkten.
Die beiden heißen Max und Maria, sind zu zweit und sind in Venezia gestartet und sind genau wie wir Richtung Süden unterwegs. Sie entschlossen sich, nachdem wir sie eingeladen hatten mit uns zu kommen, dazu die nächste Etappe bei uns mitzufahren.
Wir genossen die Abfahrt bei nass dampfender Straße und bei wahnsinniger Aussicht.
Nach einer Weile kamen wir an einer Industrieanlage mit langen Förderbändern, direkt vom Hafen, vorbei.
Wir konnten nur spekulieren, um was es sich bei der Anlage handelte. Deswegen erkundigte sich Malte auf englisch bei einem vermeintlichen Anwohner, der in einer Bar direkt an der Straße saß, nach dem Nutzen der Anlage. Es wurde mal wieder prompt auf deutsch geantwortet. Es handelt sich um ein Kohlekraftwerk. Er kommt aus Deutschland und kennt sich in der Umgebung aus. Er konnte uns die seiner Meinung nach schönste Bucht in der Nähe verraten. Nach kurzer Beratung entschieden wir den, nach seiner Beschreibung, etwas beschwerlichen Weg auf uns zu nehmen. Er riet uns sogar die Fahrräder oben an der Strasse abzustellen. Trotzdem entschieden wir uns dazu sie mit an die Bucht herunterzunehmen. Sein Rat sollte jedoch begründet sein. Der auch zu Fuß anspruchsolle Abstieg dauerte mindestens 30 Minuten und führte über einen schmalen Wanderweg, der obwohl wir unsere Räder schoben, an machen Stellen mit den Rädern kaum passierbar war. Aber wir wurden belohnt.
Wir hatten an diesem Tag nicht nur die beste Bar, sondern auch die beste Bucht der Kroatiens gefunden. Sie war Menschenleer und direkt am Strand gab es, wie angekündigt, genügend Bäume für unsere Hängematten. Wir bauten sie sofort auf, während Max und Maria ihr Zelt aufbauten.
Als es dunkel wurde sind wir noch ins Meer gesprungen und haben nach einem leckeren Essen noch ein bisschen gequatscht und sind dann schlafen gegangen.
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