Tag 43: Borawinde und ein Arsch voll Glück!

Als wir aus dem Wurmloch erwachten, in das wir tags zuvor gefallen waren, war es 07:30 Uhr. Wir haben es endlich mal wieder geschafft. Abends zuvor haben wir unseren AirBnB-Vermieter gesagt, wir würden gerne um 08:00 Uhr unsere Räder wiederhaben. Dafür musste er vorbeikommen und ein paar Türen aufschließen. Ein früher Aufbruch war also möglich und in Sichtweite. Leichte Kopfschmerzen begleiteten uns während des hektischen Aufräumens und auch noch während des Frühstücks. Dies bestand aus tags zuvor gekauftem Burek und ein paar weiteren Teilchen. Die Analyse zeigt, dass Burek nur frisch richtig gut schmeckt. Unser freundlicher Host sperrte uns die Garage zu unseren Fahrrädern auf und wir fuhren davon.

Unser Ziel für die nächsten Tage ist Split und dies wollen wir in einem ordentlichen Tempo erledigen. Wir haben uns vorgenommen am 23.5. zum Geburtstag von Thea in Split anzukommen und diesen gemeinsam zu feiern. Die Route führt zurück ins Inland und über den Eurovelo 8, um der Küstenstraße D8 zu entkommen. Auf eine Erfahrung wie am Tag zuvor können wir verzichten. Diese Landstraße ist wirklich nicht für uns gemacht ist. Um ins Inland zu kommen müssen wir zuerst eine Bergkette überwinden.

Die erste Stunde verging deswegen im niedrigsten Gang und bei hoher Trittfrequenz. Die Belohnung folgte auf dem Fuß, denn wir hatten einen traumhaften Ausblick auf das felsige Hinterland und zugleich auf die Inseln der Adria. Die erste Pause machten wir auf halber Strecke des Anstiegs. Es sollte für uns noch höher hinaus gehen. Im Kaffee stellten wir mal wieder fest, wie gut der Kaffee in Kroatien schmeckt und das bei den sehr niedrigen Preisen.

Die nächsten Kilometer verbrachten wir ausschließlich im Anstieg. Dafür wurde der Weg immer schöner, je höher wir kamen. Die Landschaft verändere sich vom dicht bewaldeten und baumartenreichen Gebiet zu teils Monokulturen, weiten Weiden aber auch felsigeren Abschnitten. Zudem nahm der Wind stetig zu. Die Außentemperatur sank etwas, ganz im Gegensatz zu unserer Körpertemperatur und unserem Puls. Es wurde Zeit für Mittagessen und etwas Schatten.

Zum perfekten Zeitpunkt kamen wir an einer Konoba vorbei. Das Radler schmeckte gut, nur das Schinkensandwich war zu teuer. Ab jetzt fragen wir bevor wir bestellen immer nach der Karte!

Nachdem wir von der wenig befahrenen Landstraße auf eine kleinere einspurige Straße abbogen, wurde der bereits sehr anschauliche Weg noch um ein Vielfaches schöner. Die Natur rückte näher an uns heran. Wir waren bereits auf circa 600m Höhe auf einer Art Plateau und wir konnten die raue Schönheit dieser Karstregion genießen. Es war wirklich atemberaubend. Die Landschaft bestand aus niedrig gewachsenen kleinen Wäldern, hellen Felsen, hohem Gras, kleinen Blumenwiesen. Zu unserer Rechten hatten wir dabei stets Sicht aufs Meer. Wir befanden uns im Hinterland bei wilden Pferden und hatten die Straße fast für uns alleine. Die Winde waren mittlerweile so stark, dass wir teilweise zum Absteigen gezwungen und unsere Fahrräder vom Ständer geweht wurden.

Als wir in ein kleines Dorf names Alan kamen, fragten wir eine Bewohnerin nach Wasser, da wir einen vollen Wasservorrat benötigen um komfortabel draußen schlafen zu können. Kurz nachdem wir gefragt haben, wurden wir von ihrem Mann auf ein Bier eingeladen. Nicht dass wir bisher besonders viele Einladungen abgelehnt hätten, aber wir haben mittlerweile gelernt, sie immer anzunehmen. Wir konnten uns mal wieder auf Deutsch unterhalten. Währenddessen haben wir Chips, Kekse und Brot mit Käse, Schinken, Wurst und Zwiebeln bekommen. Zudem erfuhren wir, dass er in einer Molkerei arbeitet und zwei Studierende Töchter hat. Das Haus, auf dessen Veranda wir jetzt saßen sei sein Ferienhaus, welches die beiden bereits seit zwölf Jahren renovieren.

Unser Gastgeber erwähnte noch kurz die Borawinde. Diese Wehen für gewöhnlich, im Winter mit bis zu 250 km/h (im Schnitt 120 km/h), und bringen eisigen Wind und starken Schneefall aus dem Nordosten. Er zeigte auf die vier Meter hohe Veranda und wir nahmen an, dass während der Bora der Schnee tatsächlich so hoch gefallen war. Doch auch im Sommer gibt es vereinzelt Tage, an denen sie wehen. An so einem waren wir unterwegs. Johannes – unser Wetterfrosch – war ganz begeistert von diesem Wetterphänomen, genauso wie er auch schon von den vier (ja wirklich vier!) unterschiedlichen Wetterzonen Sloweniens begeistert war. Unsere Fahrt war durch den Wind zwar an einigen Stellen beeinträchtigt, aber die schiere Kraft dieser Winde und wie die gesamte Natur damit umgeht, macht schlicht und ergreifend sprachlos. Einige Bäume sind an der Ostseite komplett kahl. Die gesamte Karst-Landschaft wird durch die Winde bestimmt. Nachdem Römer und Venezianer einst den gesamten Bäumbestand der nahen Inseln rodeten, wehte die Bora den fruchtbaren Boden davon und später wusch der Regen die Felsen frei. Auch auf dem Festland bestimmt die Bora die Flora und Fauna und wie die Menschen leben.

Da konnte man das Handy noch halten…

Nachdem wir uns nach etwa einer Stunde, mit einem Foto verabschiedet hatten, ging es an die letzten Anstiegsmeter.

Die unwirkliche Natur und die sagenhaften Ausblicke zogen uns weiter in ihren Bann. Während einer Abfahrt steuerten wir zu einer der vielen Aussichtsplattformen, wo wir einen extrovertierten Ungar getroffen haben. Dort sah Malte zum ersten Mal ein zerfallenes Gebäude in der Ferne.

Auf dem Rest der Abfahrt konnten wir in den Serpentinen ein weiteres Mal unser ganzes Können testen. Wir hatten uns eigentlich schon darauf vorbereitet, abends einen weiteren Berg mit etwa 1000m Höhe zu erklimmen. Malte wollte aber unbedingt die Ruine erkunden, die er schon vom Aussichtspunkt aus gesehen hatte.

Wir fanden ein altes Motel aus den 80er Jahren vor. Das Gästehaus hatte zwei Stockwerke, die wir genau erkundeten. Wir fanden alte Weinkarten, Rechnungen aus Jahr 1985, die verlassenen Gästezimmer und sehr viel Glas. Nach einer halben Stunde und einer kleinen Diskussionen entschieden wir, die Nacht dort zu verbringen. Für den Ort sprach der Ausblick und von dem Wind geschützt zu sein. Außerdem wollten wir unbedingt mal an einem verlassenen Ort schlafen. Auf der Liste, mit Orten, wo wir noch schlafen möchten, stehen somit nur noch eine Höhle und die Klippen direkt an der Küste.

Unsere erste Amtshandlung war es, eine Toilette zu bauen. Wir sammelten die verbliebenen Keramikschüsseln in beiden Stockwerken und haben diese an den Ort mit der besten Aussicht gestellt. Wir fanden noch Klobrillen, Bürsten und einen Rollenhalter. Wir schossen tolle Fotos von uns. Die Bilder können im Internet leider nicht veröffentlicht werden.

Außerdem musste der Schlafplatz vorbereitet werden. Zu unserem Glück passten die Hängematten perfekt zwischen Fenster und Betonstütze. Gleichzeitig bastelten wir uns noch einen Tisch. Wir sägten einem Tisch ohne Beine einfach zwei Neue. Schon war unser Zuhause für diese Nacht hergerichtet und in kürzester Zeit fühlten wir uns wohl.

Mit dem Platz haben wir mal wieder Glück gehabt und wir fragen uns mittlerweile, wie wir es immer wieder an die tollsten Orte schaffen. Ist es vielleicht unsere Gleichgültigkeit, einfach jetzt und hier zu bleiben und das beste draus zu machen, wie beim Platz auf dem Bunker? Oder sind wir einfach auf der richtigen Route, ein bisschen ab von den touristischen Gebieten?

Nach unserer Kernsanierung des Gebäudes kochten wir noch CousCous mit allerlei Gemüse. Nach Johannes Meinung war dies das schmackhafteste Essen bisher. Diesen Abend spielten wir mal keine Karten, sondern gingen früh ins Bett, um zu lesen, den Bericht zu schreiben und ein bisschen für uns zu sein.

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