Der Ort, an dem wir uns im Dunkeln Hals über Kopf niedergelassen hatten, kam uns abends noch eher ungemütlich vor. In der aufgehenden Morgensonne entpuppte sich die halb zerfallene Ruine jedoch viel angenehmer und schöner als erwartet.
Gegen 05:00 wurden wir alle von einer Windböe geweckt, die unsere Wäsche von den Leinen wehte. Zwei von Dreien konnten nach einer kleinen Rettungsaktion wieder einschlafen. Leon ist jedoch kurze Zeit später schon aufgestanden, um den Sonnenaufgang zu genießen. Die eingefallenen Mauern fügten sich zu einer Art Treppe, die auf das Dach der Garage des Grundstücks führte. Von dort aus konnte man das gesamte Tal überblicken, das am tiefsten Punkt nur 20 m über Normalnull liegt. Wir hingegen waren noch auf über 400 m und entsprechend weit war der Blick. Die hohe Luftfeuchtigkeit des Morgens ließ die Bergketten am Horizont in unterschiedlichen Grautönen hintereinander gestaffelt erscheinen.
Ohne Frühstück ging es um 07:30 Uhr die 400m hinunter ins Tal. Ohne Frühstück loszufahren führt bei uns eigentlich fast immer zu Verstimmungen. So auch an diesem Morgen. Eine Mischung aus Schmerzen, Hunger und der damit verbundenen Gereiztheit führten zu einer explosiven Mischung, die sich vor einer Pekara entlud. Ein Besuch in derselben konnte die Stimmung jedoch ein wenig wiederherstellen. Neben der Pekara gab es dort auch ein Gasthaus, das, dem Anschein nach, sehr frisches Fleisch vom Spieß anbot. Die frisch geschlachteten Tiere drehten sich noch blutig über dem Feuer. Ein für uns eher unappetitlicher Anblick, der jedoch selbstverständlich zu jedem Fleischverzehr dazugehören sollte.
Ein paar Höhenmeter später wurde es dann wirklich Zeit für unser Frühstück. Wie auf der Karte bereits zu erkennen war, kamen wir an einem Wasserfall vorbei. Direkt daneben war ein Campingplatz und ein paar Bänke, auf denen wir, bei atemberaubendem Ausblick, frühstücken konnten. Das Wasser war kristallklar. Wir konnten außerdem mit der Pumpe eines Besuchers des Campingplatzes unsere Reifen wieder auf den passenden Druck bringen.
Nach unserem Frühstück machte das Café des Campingplatzes auf. Dort haben wir wieder mal einen sehr günstigen Kaffee getrunken, kurz die sanitären Einrichtungen genutzt und in unsere Handys gestarrt. Schließlich mussten noch Berichte geschrieben werden.
Als wir damit fertig waren war es schon nach 12:00 Uhr. Wir hatten aber schon vor dem Frühstück gute 15 km geschafft, womit wir uns nicht ganz so faul vorkamen. Es ging über eine wenig vertrauenserweckende Metallbrücke in Fachwerkbauweise, über den blauen Fluss.
Während einer Diskussion, ob man sich noch einen Wasserfall anschauen sollte und dafür einige steile Höhenmeter mit schlottrigem Belag in Kauf nehmen sollte, hörten wir von Johannes hinterem Rad her ein lautes Pfeifen. Der höhere Druck durch das Aufpumpen am Campingplatz hat, dem vom Vortag geschundenen, Mantel von Johannes wohl den Rest gegeben.
Nach kurzer Überlegung erhielt Leon damit die Möglichkeit sich den Wasserfall anzuschauen und kurz ins Wasser zu springen. Währenddessen versuchten Johannes und Malte sich dem Problemfall zu widmen. Flicken geht uns mittlerweile zwar gut von der Hand, aber da wir am Vortag bereits zweimal unsere Reifen reparieren mussten, waren wir etwas genervt.
Malte und Johannes machten sich jeweils an Schlauch bzw. Mantel des platten Rades zu schaffen. Der Mantel war genau an der Stelle groß eingeschnitten, an der wir vor mehreren Wochen zum ersten Mal geflickt hatten. Die geflickte Stelle war durch den großen Defekt im Mantel nach außen gekrochen und dann geplatzt. Wir entschlossen uns kurzerhand einfach alles nochmal und in doppelter Ausführung zu vulkanisieren. Das klappte tatsächlich recht gut, nahm aber sehr viel Zeit in Anspruch.
Als Leon vom Wasserfall wieder zurückkehrte waren also, zu seinem Erstaunen, Malte und Johannes noch immer mit dem Flicken des Reifens beschäftigt. Doch bei der Größe des Schnitts im Mantel war es nicht verwunderlich. Während wir darüber debattierten, wie der Mantel noch zu retten wäre fragte uns ein vorbeifahrender Aachener, auf seinem E-Bike, ob denn alles in Ordnung sei. Nichts war in Ordnung, aber was sollten wir schon tun außer den Mantel mit Vulkanisiergel und einigen Flicken notdürftig zu reparieren?
Den Aachener hatten wir bereits flüchtig auf dem Campingplatz beim Frühstücken gesehen. Er war auch auf der Suche nach besagtem Wasserfall. Wir überlegten wieder kurz und entschieden gemeinsam herunter zum Wasserfall zu fahren und potentiell sogar die Nacht dort unten zu verbringen.
Da der Platz schließlich für alle sehr überzeugend war, entschieden wir uns dort zu bleiben. Wir badeten im selben kristallklaren Wasser, wie wir es schon am Morgen am Campingplatz gesehen hatten.
Am Anschluss bauten wir das Camp auf, dösten viel, lasen, entführten Schildkröten und frickelten noch ein wenig an an der Hängematte von Johannes, die eine neue praktischere Aufhängung bekommen soll.
Außerdem hatte der Reifen von Johannes schon wieder Luft verloren. Wir überprüften den Schlauch mehrfach und flickten ein weiteres Mal. Anschließend mussten wir das Rad wieder ans Fahrrad bringen.
Abends haben wir Polenta gekocht und noch ein paar Runden Skat gespielt. Noch spielt es sich etwas holperig, aber es stellt sich dennoch langsam eine Art Spielfluss ein.
Wir wurden noch von einer Unmenge von Insekten überfallen, bevor wir zum Quaken der Frösche und dem Rauschen des Wasserfalls schließlich einschliefen.
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