Am frühen Morgen wurden wir durch die quakenden Frösche am Wasserrand aus dem Schlaf gerissen. Außerdem entdeckten wir eine Kröte, die sich im Wasser versteckte.
Wir hatten am Abend zuvor unser Kochequipment auf einem Tisch nahe unseres Lagers deponiert, auf dem wir auch das Abendessen zubereitet hatten. Dort hatte sich eine kleine Ameisenstraße gebildet, die nach und nach ein Stückchen Polenta vom Vortag abtransportiere. Nachdem wir die Ameisen noch mit etwas Proviant versorgt hatten, bauten wir schnell unsere Küche auf und aßen Haferflocken – wie jeden Morgen. Leon sprang noch einmal ins Wasser, dann es konnte los gehen. Eigentlich wollten wir den Wasserfall noch gar nicht verlassen.
Uns erwartete zunächst eine Steigung über einen kleinen Trail, auf dem wir notgedrungen ein Stück schieben mussten. Der Trail führte etwas später auf eine große, gut ausgebaute Straße und wir wunderten uns über den gänzlich fehlenden Verkehr. Nach ein paar Panoramafotos mit unseren Fahrräder wurde das Rätsel aufgelöst.
Die riesige, autobahnähnliche Straße endete ohne jegliche Vorwarnung in einem kleinen, einspurigen Pfad.
Die Hitze hat sich bisher jeden Tag etwas gesteigert und die vom Teer absorbiere Hitze machte uns an diesem Tag zusätzlich zu schaffen. Wir wurden nicht nur von oben, sondern auch von unten gegrillt – Ober-/Unterhitze.
Wegen der Hitze mussten wir auch unsere Wasservorräte überdurchschnittlich häufig auffüllen. Zum Teil auch, da wir teilweise kilometerweit durch menschenleere Gebiete fuhren. In den Dörfern, die auch mal nur ein einzelnes Häuschen umfassen, sind nicht alle Gebäude an fließendes Wasser angeschlossen. Daher wurden unsere Wasservorräte einmal auch aus einem Wassercontainer nachgefüllt.
Wenig später mussten wir dringend etwas essen und der Mittagssonne entkommen. Wir entschlossen uns den nächsten Supermarkt, oder das nächste Café anzusteuern – 20 km. Die Fahrt zog sich in der brennenden Sonne extrem in die Länge und als wir schließlich vor dem, in Google Maps eingezeichneten, Supermarkt standen, fanden wir nur ein paar marode Gebäude vor. Enttäuscht fuhren wir weiter. Ein paar hundert Meter später überraschte uns dann der gesuchte Mini-Market. Problematisch war, dass wir quasi kein kroatisches Bargeld mehr dabei hatten. Glücklicherweise konnten wir aus einer Mischung aus Kuna und Euro bezahlen. Wir kauften Tomatensoße, Brühe, Rosinen und noch etwas Vesperproviant, den wir direkt vor dem Geschäft verzehrten. Um uns saß eine Gruppe Männer, die sich als Serben zu erkennen gaben. Da die Sprachbarrieren zu groß für einen sinnvollen Austausch war, konnten wir ohne große Nachfragen unser Essen genießen. Nicht über unsere Reise ausgefragt zu werden empfanden wir, erschöpft wie wir waren, zum ersten Mal richtig angenehm. Die Männergruppe wurde während unserem Picknick durchgängig von der netten Verkäuferin des Minimarkets mit Bier versorgt. Wir wurden durch die selbst gesungenen Volkslieder beglückt, die laut aus einem Handylautsprecher klangen, und die uns schließlich auch zum Gehen bewegten. Kurz vor dem Aufbruch kam die Verkäuferin nochmal bei uns vorbei und schenkte uns eine Tüte frisch gepflückte Kirschen aus ihrem Dorf.
Wir fuhren noch ein ganzes Stück weiter, um ein ruhiges Plätzchen zu finden und der Hitze zu entgehen. Nach weiteren 20 km steuerten wir die nächstgelegene Kleinstadt Kistanje an. Wir fanden dort ein kleines Kaffee und der Inhaber wollte uns zuerst, da wir immer noch kein Bargeld angehoben hatten, jeweils einen Kaffee spendieren. Wir nahmen das nette Angebot an, tranken noch ein bisschen Cola, die wir aber wieder in Euro bezahlen konnten und machten uns abschließend einen großen Sandwich, was sich im Nachhinein als sehr gute Entscheidung herausstellen sollte. Als wir gut gestärkt aus Kistanje abfuhren, begegneten wir zwei Schildkröten, die wir von der Straße retten mussten. Wir waren uns nicht sicher, ob wir damit neben dem Verdienst eines Tierschutzordens, vielleicht nicht auch ein paar Menschenleben gerettet haben.
Die Strecke war weiterhin wunderschön und bis auf wenige Ausnahmen durchgängig geteert. Direkt am Rand der großen Straßen wächst hier dichtes, mittelhohes, dunkelgrünes Gebüsch, gemischt mit ausgetrockneten Sträuchern, die sich kilometerweit überblicken lassen. Einzig die Kirchtürme der spärlich gesäten Ortschaften, lassen sich in weiter Ferne ausmachen. Nach einiger Zeit erreichen wir nach einer steilen Abfahrt den Nationalpark Krka.
Wir konnten zuerst den großen See bewundern, der in einem Tal zwischen hohen Felsen liegt. Als wir im Tal ankamen führte die Strasse uns über Kaskaden und an die Wasserfälle am See.
Leon und Malte sprangen ins kalte Wasser und duschten sich unter den Wasserfällen, während Johannes bei den Rädern blieb um sich auszuruhen.
Wir überlegten, wegen des bildschönen Ausblickes, trotz Verbotsschildern, direkt am Wasser zu übernachten. Allerdings wurde uns dies vom Ranger, der sich während Leons und Maltes Duschaktion, bereits mit Johannes unterhalten hatte, verwehrt. Wir mussten also nochmal ein Stück weiterfahren obwohl wir den Tagessoll schon fast erfüllt hatten.
Es ging durchs Niemandsland, dass aber immer wieder durch kleine schöne Dörfchen unterbrochen wurden. Die Platzsuche gestaltete sich als äußerst schwierig, weil die Büsche am Straßenrand einfach zu klein waren um Hängematten aufzubauen. Außerdem war alles dunkel, etwas zugewuchert und noch dazu schreckten uns die Minenwarnungen davon ab, tiefer ins Dickicht vorzudringen.
Nach einigen erfolglosen Versuchen waren wir bereits ziemlich genervt bis wir am Wegesrand ein kleines Restaurant, mit dem Namen „Country House Peace“ fanden. Es sah so einladend aus und wir waren schon so erschöpft, dass wir kurzerhand einkehrten. Wir fragten, ob unsere restlichen Kuna für eine Runde Bier beziehungsweise Radler reichen würden. Der Inhaber wusste, dass an uns heute Abend nichts mehr zu verdienen war, blieb aber trotzdem extrem freundlich. Am Nebentisch saß eine große Gruppe, teils Deutsche, die auf einer Tour mit Pferden unterwegs waren. Sie aßen und tranken ausgiebig und nahmen daher die Aufmerksamkeit der Bedienung für sich in Anspruch. Wir saßen einfach am Tisch und genossen die Situation, und schoben die Platzsuche weiter in die Zukunft.
Völlig überraschend brachte uns die Bedienung einen Teller mit Brot sowie Käse und Schinken. Wir hatten eigentlich schon ziemlich großen Hunger und das Abendessen war schon lange fällig.
Die Reiter vom Nebentisch waren gerade dabei ihren Nachtisch, ein paar Crêpes zu verspeisen. Als Ihr Tisch mit Tellern voller Crêpes abgeräumt wurde, scherzten wir ein wenig herum und träumten von ein paar Crêpes. Als hätte der Restaurantbesitzer unseren Wunsch erhört, brachte er kurze Zeit später noch einen Teller mit Crêpes bei uns vorbei. Er freute sich, dass er das leckere Essen nicht wegschmeißen musste, sondern wir uns so sehr darüber freuten.
Bevor wir gut gesättigt weiterzogen, fragten wir die Reiter noch über ihr Ziel aus und konnten uns von ihrem kroatischen Guide ein paar Tipps für die Route abholen. Zusätzlich konnten wir das Geheimnis über die zahllosen leerstehenden Bauruinen klären. Kurz nach dem Krieg wurden die Menschen wohl mit Förderungen der Regierung dazu gebracht neu zu siedeln. Viele der Gebäude wurden dann aber nie bezogen und stehen seitdem leer.
Wir fuhren also gut gestärkt weiter, es wollte aber einfach nicht mit dem passenden Platz passen. Zum Einen war es zu dunkel, zum Anderen gab die Vegetation keine großen Bäume her und außerdem hatten Leon und Malte sich in den Kopf gesetzt die Nacht durch zu fahren. Als dann auch noch Navigationsstreitigkeiten auftraten warf Johannes endgültig das Handtuch. Es war klar, dass der Schlafplatz innerhalb der nächsten 5 Kilometern gefunden werden musste. Wir kapitulieren, fuhren zum nächsten Ausblickspunkt über einen Canyon, und konnten in der Dunkelheit der Nacht absolut nichts erkennen. Auch hier gab es keine Bäume, nur eine einsame Bank und einen unebenen Wanderweg, neben Campen war quasi auch alles andere verboten – ein rundum perfekter Schlafplatz. Wir schnuckten um die Bank und Leon gewann den einzigen ebenen Schlafplatz mit eingebautem Schlangenschutz. Johannes legte sich einfach auf dem Boden und Malte wurschtelte sich in seine Hängematte, bevor er sich genervt auf der Isomatte niederließ. Zu allem übel fing in der Ferne ein wildes Tier an zu kreischen. Uns war mittlerweile alles egal – zumindest hatten wir schon gegessen und mussten keine Nudeln mehr kochen.
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