Tag 60: ein würdiger Abschied vom Meer

Wir starteten den Tag damit, Wäsche zu waschen und die letzten Reste des Festmahls vom Abend zuvor zu spülen. Johannes und Malte gingen los in die Stadt, um ein paar Erledigungen zu machen. Wir sind, seit wir Kroatien verlassen haben, nicht mehr mit mobilem Internet ausgestattet. Wir haben uns aber so daran gewöhnt, dass wir nun schnell Nachschub brauchten. Daher mussten neue SIM-Karten her. Da 500 GB für im Netz der montenegrischen Telekom nur zehn Euro kosten, überlegten wir nicht lang. Schön in Montenegro ist, dass überall wieder mit Euro bezahlt werden kann. Das nimmt zwar ein bisschen den Flair beim Bezahlen, auf der anderen Seite weiß man so aber auch ohne Umrechnung, was die Dinge kosten. Nachteil ist, man kann die sich nicht mehr schönrechnen. Montenegro konnte uns bisher von den Preisen sehr überzeugen. Neben den SIM-Karten mussten wir noch ein paar Lebensmittel, andere Kleinigkeiten und Frühstück bei der Pekarna besorgen. Auf dem Rückweg kamen wir an einem kleinen Friseursalon vorbei, den wir uns für später merkten. Johannes liebäugelt seit ein paar Wochen mit einer neuen Frisur, bisher hat es zeitlich einfach noch nicht gepasst. Wir frühstückten noch zusammen im Apartment und packten unser Zeug zusammen.
Johannes und Malte machten sich schonmal auf den Weg, während Leon noch einen Augenblick brauchte, um sich auszuruhen und etwas später losfuhr. Er war noch unentschieden, ob er mit der Fähre ein Stückchen abkürzt, oder auch um die komplette Bucht fahren wird.

Johannes und Malte steuerten zuerst den Friseursalon an, wo Johannes auch spontan ein Termin angeboten wurde. Malte wartete also, während die Friseurin in Rekordzeit Johannes herrichtete.

Ein etwa 5 Gramm leichterer Johannes

Frisch geschnitten, und damit gewichts- und luftstromoptimiert, ging es weiter. Die beiden fuhren direkt am Wasser an der Panoramastraße entlang und es bot sich eine dementsprechende Aussicht. Ohne von Touristen überrannt zu sein, ist alles sehr hübsch hergerichtet, sauber und ungezwungen. Es war schon gegen Mittag, aber wegen der fehlenden Steigung, war die Hitze trotzdem gut erträglich. Nach etwa 25 km, also etwa bei Halbzeit, kehrten sie in eine kleine Konoba direkt am Wasser ein. Konobas sind Gasthäuser, die gegenüber Restaurants meist nur wenige, lokale Speisen anbieten. Es gab nach einem Kaffee auch ein kleines Mittagsessen. Für Malte Pasta mit Meeresfrüchten, für Johannes Trüffelspaghetti.

Gestärkt ging es für die beiden weiter an der Küste entlang. Etwas außerhalb gab es direkt am Wasser eine kleine Muschelfarm. Malte und Johannes kauften sich 2 kg Miesmuscheln, die direkt frisch aus dem Wasser geholt wurden. Polenta mit Miesmuscheln steht jetzt also auf dem Abendmenü.

Die Strecke an der Küste entlang war zwar ein großer Umweg, da sie aber weiterhin flach und schön war, fuhren Johannes und Malte den Weg weiter. Sie trafen noch einen britischen Radreisenden und Johannes verlor eine Auktion bei eBay. Die Sonne stand mittlerweile schon etwas tiefer und es musste ein Schlafplatz gefunden werden.

Ziel war eine Burg bzw. Festungsanlage, die in etwa 400 Höhenmetern auf einem Felsplateau errichtet worden war und brach liegt. Der flache Weg am Wasser musste also verlassen werden und es gab doch noch einen Anstieg. Auf halber Höhe fragten sie noch nach Wasser und erkundigten uns nach dem Zustand der Burg. Sie wollten den Weg nicht umsonst hochfahren, um dann enttäuscht zu werden. Ihnen wurde jedoch versichert, dass die Burg super zum Campen geeignet sei. Auf dem Weg nach oben konnten Johannes und Malte ihren Augen erstmal nicht trauen. Die beiden hatten schon wieder eine Schildkröte gefunden, diesmal aber sogar eine Babyschildkröte. Die Schildkröte war wohl von ihrer Mutter verstoßen worden und wurde natürlich ebenfalls gerettet.

Als die Beiden endlich oben angekommen waren, wurden sie doppelt belohnt. Sie standen auf dem Dach der Festung und hatten einen Ausblick über die gesamte Küstenregion, die Bucht und das Meer. Gleichzeitig ging die Sonne unter und tauchte die Szene in rotes Licht.


Die Festung ist im Inneren riesig und relativ sauber. Außerdem konnten sie an vielen Stellen Bemalungen finden, die zwar etwas gruselig, aber detailliert und schön waren. Es bestand die Auswahl aus vielen verschiedenen Räumen. Sie entschieden sich, für einen mit Efeu umrankten Raum, mit zwei großen Fenstern. Hier waren bereits Haken in der Wand eingelassen, die sich perfekt zur Montage ihrer Hängematten eigneten.

Nach einer ausgiebigen Mahlzeit aus frischen Muscheln und Polenta mit Gemüse, konnten Johannes uns Malte in einem perfekt klimatisierten Raum einschlafen.

Am gleichen Tag ist Leon zwar dann irgendwann am Apartment losgefahren, aber nicht weit gekommen. Ihm ging es ähnlich dreckig wie am Abend zuvor. Direkt an der Bucht, circa 300m vom AirBnB entfernt lag ein Café, wo er sich niederließ um einen Kaffee zu trinken und seine montenegrische SIM-Karte zu installieren. Aus einem Kaffee wurden zwei und dann kam auch noch ein Omelette dazu. Gleichzeitig konnte er dem Treiben am Strand zusehen. Es fühlte sich an wie Urlaub. Zum ersten Mal seit langem. Nach einem Telefonat und einem Eis hieß es irgendwann Abfahrt. Leon hatte sich noch immer nicht entschieden in welche Richtung er fahren wollte und das war auch völlig ok. Als er den Fähranleger erreichte, rief er kurz bei Malte und Johannes an, um zu fragen, ob es sich lohnen würde, die Runde um die Bucht zu fahren. Beide bejahrten. Er fuhr also den langen Weg, obwohl es ihm gesundheitlich noch immer nicht so richtig klasse ging. Wenigstens standen keine Berge im Weg.

Nach ein paar Kilometern besorgte er sich einen Snack, den er wiederum ein paar Kilometer weiter auf einer Bank im Schatten mit Blick auf einen riesigen mexikanischen Zweimaster verspeiste. Der Tag neigte sich bereits dem Ende und Kotor war noch ein paar Kilometer entfernt. Er setzte sich also wieder in Bewegung. Die Sonne war nun schon bei Weitem nicht mehr so heiß, der Weg dadurch gefühlt kürzer. In Kotor angekommen setzte er sich ein weiteres Mal auf eine Bank mit Blick über die Bucht. Kurz darauf gesellte sich ein älteres Ehepaar zu ihm. Er hatte sich wohl auf ihre Stammbank gesetzt und die beiden hatten überhaupt keine Hemmungen sich kommentarlos zu ihm zu setzen. Das Paar und Leon genossen nun also gemeinsam, weiterhin ohne zu reden den Sonnenuntergang. Nach einiger Zeit machte sich Leon wieder auf den Weg. Beim Aufbrechen sprachen sie noch ein paar Worte. Eher mit Händen und Füßen als mit Wörtern, bis sie sich verabschiedeten. Es war eine äußerst friedliche Begegnung, die keiner Wörter bedurfte. Es war schön einfach nicht zu reden.

Leon wusste jedoch noch immer nicht, wo er schlafen sollte und kurvte erstmal ein wenig durch die Stadt. Schließlich schaute er einfach bei Google nach Hostels. Er hatte bereits zuvor gesehen dass es sehr günstige Hostels in Kotor gab. Unter anderem ein Hostel, das neben einem Schlafplatz auch eine Tour durch die örtlichen Bars anbot. War ja klar, dass Leon den Drang nicht widerstehen können würde. Er ging also in jenes Hostel und kaufte noch eine Kleinigkeit ein um sich was zu kochen. Abends wurde die Tour mit Trinkspielen im Hof eingeläutet. Während des Abendessens wurde sich bereits lebhaft in der Küche unterhalten. Einen wirklicher Drive entwickelte sich bei Leon jedoch nicht. Die ganze Veranstaltung war zwar in gewisser Weise nett gemacht, glich jedoch einer Choreografie mit gewissem Ausgang. Er entschied sich dazu einfach ins Bett zu gehen, um für den nächsten Morgen potentiell fitter zu sein.

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