Morgens wachte Leon mit dem Sonnenaufgang und zum Geklimper der Glocken einer Schafherde auf. Tony war auch schon wach!
Leon zog sich kurz um und fragte, ob er am Gartentisch sein Frühstück zubereiten konnte. Tony nuschelte etwas vor sich hin, bedeutete aber, dass Leon sich setzen solle. In der Annahme, dass es bedeuten sollte, dass Leon sein Frühstück am Gartentisch zubereiten könnte, setzte er sich und machte sich daran, seine Küche aufzubauen. Kurze Zeit später kam Toni jedoch mit ein paar gebratenen Eiern, etwas Brot, Käse und Tomate wieder nach draußen. Er hatte wohl nicht nur gesagt, dass Leon sich setzen sollte, sondern, dass er das Frühstück auch zubereiten würde. Leon räumte also sein Zeug wieder weg. Tony setzte sich zu ihm und bot ihm einen selbstgebrannten Raki an. Alleine würde er ihn nicht trinken und er hätte noch 180 Liter. Beim Raki erzählte er, es würde ihm so einen Spaß machen, Schnaps zu brennen, aber er kenne niemanden, der genug trinke, um ihn loszuwerden. Früher habe er außerdem für ein paar Jahre auch Tabak getrocknet und verkauft – das hätte sich aber irgendwann nicht mehr gelohnt.
Tony schenkte noch einmal nach, bevor Leon seine Haare kurz unter dem Waschbecken im Garten waschen konnte.
Um 8:00 Uhr saß Leon bereits auf dem Sattel. Auf mehrfaches Anraten hin fuhr Leon nicht den von Komoot vorgeschlagenen Weg, sondern ein ganzes Stück zurück zur Landstraße. Der Weg zur Landstraße war ebenfalls schlecht.
Wäre der andere Weg noch schlechter gewesen, war es gut, dass er zur Abwechslung doch mal auf die Empfehlungen gehört hatte. Es wurde schnell sehr heiß. Die Landstraße war schön, aber nicht besonders interessant und auf dem Weg lagen außerdem keine besonderen Orte, die Leon hätte erkunden können.
Entsprechend schnell ging es voran. Schon um 10:30 Uhr war Leon nach 44 km in Prilep angekommen.
Da ist noch früh war, gönnte sich Leon eine ausgiebige Pause im Café am Marktplatz in Prilep. In der Pause versuchte er, ein paar Einstellungen auf dem Server zu verändern, damit der Upload von Bildern schneller geht. Leider hat das nicht so gut geklappt – die Bilder laden nach wie vor ewig langsam. Dafür war der Kaffee sehr lecker und er konnte darüber hinaus ein bisschen telefonieren.
Auf dem Weg hinaus aus Prilep ging es zwar erstmal bergab, jedoch begann dann eine Steigung, die Leon so überhaupt nicht erwartet hatte. Es war zwar schon Nachmittag, nichtsdestotrotz hatte die Sonne kaum an Kraft verloren. Oben auf dem Berg bot sich eine Sitzgelegenheit. Dort bereitete Leon sich das Mittagessen zu.
Als Nächstes sollte es wirklich nur noch bergab gehen. Leon hatte sich die vergangenen Tage stets auf einer Hochebene bewegt, von der es jetzt hinab bis fast auf die Höhe des Meeresspiegels gehen sollte. Fast 1000 Höhenmeter über eine Strecke von 40 km. Angenehm! Nach etwa 10 km, die er bereits bergab gefahren war, dachte Leon zufällig über die Sortierung seiner Fronttaschen nach. Völlig unvermittelt kam ihm der Gedanke, dass er sich nicht mehr daran erinnern konnte, die Espressomaschine nach dem Mittagessen eingepackt zu haben. Ein kurzer Blick in die Tasche an den Ort, wo die Espressomaschine sein sollte, genügte, um ihn davon zu überzeugen, dass die Espressomaschine wohl leider noch oben auf dem Berg lag. Also kehrte er um und begann, die bereits verlorenen Höhenmeter wieder zurückzugewinnen. Auf dem Weg nach unten hatte er auf der rechten Straßenseite eine Tankstelle gesehen. Er überlegte sich, dort nachzufragen, ob ihn jemand nach oben auf den Berg bringen könnte, um nicht den gesamten Weg wieder hinauf fahren zu müssen. Bei der Tankstelle erklärte sich sogar jemand bereit, genau dies zu tun.
Nachdem Leon sein Fahrrad angeschlossen hatte, schaute er vorsichtshalber noch einmal in seiner Fronttasche nach. Wie sich jetzt wahrscheinlich bereits alle denken können: Die Espressomaschine war zwar nicht an ihrem angestammten Platz, aber definitiv in der Tasche! Zum Glück war er nicht bis ganz nach oben gefahren! Also kehrte er wieder um und fuhr bergab. Diesmal hoffentlich zum letzten Mal.
Der Weg führte an der wichtigsten Ausgrabungsstätte Nordmazedoniens vorbei. Vorher musste er lediglich in einem Dorf über ein paar Weinberge und zu einer Autobahn-Ausfahrt fahren. Was auf der Karte ganz einfach aussah stellte sich dann jedoch als doch nicht bei weitem nicht so einfach heraus. Die Wege waren lediglich Feldwege, häufig mit Passagen aus lockerem Sand.
Zu allem Überfluss hatte das Museum zu dem Zeitpunkt, als er ankam, sogar schon geschlossen. Die Sonne ging gerade unter und es wäre der perfekte Zeitpunkt gewesen, um eine kurze Fotosession in dem Museum zu machen. Vor dem Museum standen zwei Autos und einer der Insassen bemerkte wohl Leons Ratlosigkeit. Er sagte, was Leon kurz vorher schon gedacht hatte, sich aber nicht getraut hatte. Leon stieg also über den Zaun und hatte das komplette Museum für sich alleine. Im Licht der untergehenden Sonne versuchte er, in kürzester Zeit so viel der Stimmung mitzunehmen, wie er konnte. Es war tatsächlich sehr beeindruckend! Zum Schluss nutzte er noch die sanitären Anlagen auf dem Gelände, weil … warum nicht?
Auf dem Weg zur Ausgrabungsstätte war Leon an einem Weingut vorbeigefahren. Es lag nur circa 400 m entfernt. Da er noch Wasser brauchte und das Wasser in den Sanitäranlagen der Ausgrabungsstätte ausdrücklich nicht trinkbar war, fragte er dort, ob er seine Wasservorräte auffüllen könnte. Das war natürlich kein Problem. Wo er gerade dort war, fragte er auch nach einem Ort, wo er seine Hängematte aufhängen könnte. Das Personal bot ihm an, auf der Wiese direkt neben dem Weingut zu übernachten. Perfekt!
Da Leon nun keinen Zeitdruck mehr hatte, das letzte verbliebene Sonnenlicht für die Suche nach einem Parkplatz zu nutzen, bestellte er sich noch eine Cola und fragte nach dem WLAN-Passwort. Er bestellte sich schließlich auch noch ein Stück Kuchen.
Als Leon die Rechnung bezahlte, nahm ihn einer der Ober zu Seite. Er sagte, wolle ihm einen noch besseren Ort zum Übernachten zeigen. Er führte Leon direkt an den Fluss, der unweit des Restaurants vorbeifloss. Dort gab es eine kleine Terrasse und einige Bäume. Viel perfekter hätte ein Ort zum Campen nicht sein können.
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