Tag 10: Long-Biên-Brücke

Wir sind zu einer halbwegs normalen Zeit, es war so gegen 10 Uhr, aufgestanden. Bei Leon deuteten sich bereits leichte Bauchschmerzen an. Wie jeden Morgen durfte der Kaffee in unserem Café dennoch nicht fehlen und so gab es Salzkaffee und Bạc xỉu. Wir wollten Bun Cha frühstücken und mal was Neues ausprobieren, weswegen wir die Bedienung im Café nach einer Empfehlung für ein Restaurant in der Nähe fragten. „Vorne an der Ecke rechts, dann an der Apotheke vorbei 500 m rechts.“ war ihre Aussage. Mit diesen Informationen schwangen wir uns aufs Moped und es ging los.


Das Restaurant war eher 200 m weiter und sah von außen sehr unscheinbar und wenig einladend aus. Wir gingen das Risiko trotzdem ein und wurden in den ersten Stock geschickt, wo das ganze von innen dem entsprach, was wir uns vorgestellt hatten. Die Tische und Stühle waren nochmal ein Stückchen kleiner als sonst und die Decke so, dass wir kaum aufrecht stehen konnten.

Malte wollte nach dem Essen gerne nach Bát Tràng fahren, einer traditionellen Töpferstadt, Leon wollte eine Kunstinstallation in Ha Noi direkt an der Long-Biên-Brücke ansehen. Also entschieden wir uns die Töpferstadt am nächsten Tag zu besuchen und heute nochmal Ha Noi anzuschauen.
Auf dem Weg zur Brücke kamen wir ungeplant am botanischen Garten Ha Noi vorbei und dachten, dass ein kleiner Zwischenstopp nicht schaden konnte. Der botanische Garten ließ einiges seiner ursprünglichen Schönheit durchscheinen, war an vielen Stellen jedoch stark renovierungsbedürftig. Wir wurden von großen Bäumen mit Wurzeln, die weit aus der Erde ragten und kleineren Bäumen, die lange Luftwurzeln ausgebildet hatten, beeindruckt. Zudem gab es einen viel zu kleinen Affenkäfig mit dementsprechend traurigen Äffchen und im Park spielten einige Vietnamesen Fußfederball.

In der Mitte des Gartens fanden wir eine Pagode, die wir uns ebenfalls anschauten. Leons leichte Bauchschmerzen hatten sich mittlerweile in starke Magen- und Darmkrämpfe entwickelt und wir mussten eine Entspannungspause auf einer Bank einlegen.

Wir fuhren weiter zur Brücke und hielten auf dem Weg an einer Apotheke für Buscopan und Probiotika gegen Leons Magen-Darm-Beschwerden. Nachdem wir uns im Anschluss auf dem Weg zur Brücke noch mehrfach in kleinen Gassen des Viertels am Ufer des Flussbetts des roten Flusses verirrten, fanden wir endlich unser Ziel unterhalb der Brücke direkt am Ufer.

Der Uferbereich war durch den vorhergehenden Taifun verwüstet und noch nicht vollständig hergerichtet und allgemein relativ vermüllt. Den Müll thematisiert auch die Kunst welche sich durch Recycling aus Abfällen des Flussbetts mit der Vermüllung beschäftigt.

Wir spazierten oberhalb des Flussbetts entlang bis wir unter der Brücke standen. Diese wurde um 1900 mit den Franzosen gebaut und ist seitdem mehrfach zerbombt, wiederaufgebaut und repariert worden. Sie steht als historisches Zeichen für den vietnamesischen Widerstand und darf, aufgrund ihrer Baufälligkeit, nur noch von Mopeds und dem Zug befahren werden. Wir haben unsere Zeit unter der Brücke, in Gedenken an die Carolabrücke aufs mindeste beschränkt.


Die Long-Biên-Brücke wird auch als „Brücke der Armen bezeichnet“ da im Brückengebiet ein kleiner Slum aus Hütten und Hausbooten angesiedelt ist, in welchem sehr arme zugezogene Vietnamesen vom Land ihre Hütten gebaut haben. Sie leben hauptsächlich vom Straßenverkauf, der Wertstoffsammlung beziehungsweise Mülltrennung und der Landwirtschaft im meist trockenen Flussbett. Die Bauern schaffen es, trotz rudimentärer Bedingungen, dem Müll und dem fragwürdigen Abwasser hier Blumen, Salat, und anderes Gemüse mit Erfolg zu kultivieren.

Der Kontrast zur Stadt könnte kaum größer sein. Der Ort war belebt, da er durch seinen Kontrast zur Stadt auch für Vietnamesen ein beliebtes Fotomotiv ist und die Möglichkeit bietet kurzzeitig aus der Stadt zu flüchten.

Da Leons Beschwerden zwischen Besserung und starker Verschlechterung wechselten, brachen die beiden den Spaziergang am Flussufer irgendwann doch ab, um schnell nach Hause zu fahren und sich auszuruhen.
Da die Pho-Frau schon geschlossen hatte, suchten wir uns ein alternatives Pho Restaurant. Wir wurden auf unserer Suche etwas blockiert, da aktuell ein Festival direkt an der großen Straße zu Westlake stattfindet, was auch die angrenzende Straße mit angetrunkenen Besuchern und einer Vielzahl an Taxis verstopft.

Schlussendlich fanden wir ein Pho Ga Restaurant, und während wir grübelten, ob es das richtige für uns war, kam uns ein Europäer entgegen, der meinte, – er esse dort seit 5 Jahren und es sei das beste das er in dem Gebiet kenne. Damit fiel unsere Entscheidung und wir hatten zum Abendessen leckere Pho Suppe mit Hühnerfleisch.

Um bei unserer bevorstehenden Reise durch Vietnam auch auf größere Magenprobleme vorbereitet zu sein, steuerten wir eine Apotheke an und deckten uns schonmal mit Medikamenten z.B. gegen Gardiasis ein.

Auf dem Rückweg kamen wir erneut an der großen, lauten Party vorbei und wären wir nicht so müde gewesen hätten wir auch einen Zwischenstopp eingelegt.

Nach einer kurzen Partie Schach zu Hause und einen Sinh To mit Mango und Avocado sind wir dann schnell ins Bett gefallen.