Wir sind zwar nicht besonders früh aufgestanden, aber im Vergleich zu den letzten Tagen haben wir uns um eine Stunde verbessert. Malte hatte schon ein paar Anrufe von Chi Nga, der Cousine von Haiyen aus Hanoi, auf dem Anrufbeantworter. Sie wollte uns dringend erreichen, da sie einen Termin in Thanh Hoa hatte und das geplante Abendessen deswegen ausfallen musste. Thanh Hoa ist eine Stadt knapp 200 km südlich von Hanoi und der Ort, an dem Haiyens Vater aufgewachsen ist. Chi Nga bot uns alternativ an, mit ihr zusammen die Verwandten, darunter die Familie von Haiyens Onkel, zu besuchen. Es sollte schon in einer Stunde bei ihrer Wohnung in Hanoi losgehen.
Da wir zu diesem Zeitpunkt noch überhaupt nicht einsatzbereit waren und auch noch hätten packen müssen, entschied sich Malte, während Leon noch schlief, gegen die dreistündige Fahrt. Die Morgenroutine klappte dann aber besser als gedacht, und wir entschieden uns kurzfristig doch mitzufahren.
Also wurde in kürzester Zeit aufgeräumt, der Müll weggebracht und der Rucksack gepackt. Das dauerte – man glaubt es kaum – nur 30 Minuten.
Die Fahrt in Richtung “Big C” (bzw. “Go”), wo Haiyens Cousine mit ihrer Familie wohnt, verlief gut, obwohl wir zu zweit auf einem Moped mit Gepäck und allerlei Geschenken relativ schwer beladen waren. Am Haus angekommen konnten wir unser Moped in einer ausschließlich für Mopeds vorgesehenen Tiefgarage parken. Autos hatten hier nichts zu suchen und mussten vor dem Haus abgestellt werden.
Nach einer kurzen Verwirrung, weil uns der Parkwächter ins falsche von zwei baugleichen Häusern schickte, waren wir da und begrüßten Chi Nga, ihre zwei Kinder und ihren Mann in ihrer Wohnung. Es gab eine kurze Diskussion und traurige Gesichter, da unsere Mitfahrt im Auto wegen Platzmangel dazu geführt hätte, dass die beiden Kinder nicht mitfahren könnten. Wir boten an, einfach mit dem Moped zu fahren. Es fand sich schlussendlich aber eine Lösung, sodass wir alle ins Auto passten, auch wenn es dadurch ein bisschen kuschelig wurde. Vor der Abfahrt wurden wir noch auf eine Stärkung in ein Restaurant eingeladen, wo Leon zum ersten Mal Banh Cuon und Bun Cha probieren konnte. Sehr lecker und definitiv nicht das letzte Mal!
Die Autofahrt war lang und anstrengend, auch weil wir beide noch ziemlich müde waren. Malte war diese Strecke sonst immer in einem abgedunkelten Kleinbus gefahren und hatte zum ersten Mal einen guten Ausblick auf die Umgebung. Leon fuhr zum ersten Mal auf einer vietnamesischen Autobahn.
Unterwegs sah Malte ein Gebiet, in dem fast ausschließlich Ananas angebaut wurde. Die Felder sahen toll aus, da die Pflanzen dicht gepackt waren und mit zusammengebundenen Blättern sogar an Berghängen wuchsen. Leon schlief während der Fahrt überwiegend.
Wir kamen gegen späten Nachmittag im Dorf einige Kilometer von Thanh Hoa entfernt an. Auf dem Anwesen der Familie von Haiyens Onkel wurden wir freundlich empfangen, und das Abendessen wurde schon von der Hausherrin vorbereitet.
Malte zeigte Leon bei einer kurzen Spritztour die Umgebung, darunter den großen Fluss, das Nachbardorf und natürlich das Dorf selbst. Auch wenn der Sonnenuntergang schon vorüber war, herrschte eine schöne, rötliche und warme Abendstimmung.
Wir hatten ein leckeres, traditionelles Abendessen mit der gesamten Familie. Hierzu wird eine große Reismatte ausgelegt, in deren Mitte verschiedene Gerichte in Schalen stehen. Zusammen mit einer Schüssel Reis konnten wir uns über Frühlingsrollen, Gemüsesuppe, Hühnchen, Fleisch mit Gemüse und die dazu passenden Soßen sowie den Kräuterschnaps – eigens hergestellt vom Hausherrn – freuen.
Nach dem Essen konnten wir den Abend entspannt auf der Terrasse mit Grüntee aus der Heimatregion von Chi Trang genießen und uns noch ein bisschen mit Übersetzer und der Hilfe von Chi Nga unterhalten. Wir waren schließlich völlig fertig und schliefen überraschend um 22 Uhr ein. Wir haben Hoffnung, den Jetlag endlich in den Griff zu bekommen.
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