Unser Morgen begann um 4:30 Uhr. Wir wollten testen, ob wir es schaffen, in aller Früh los zu fahren und vor der größten Mittagshitze ordentlich Kilometer zu machen. Nur war unsere Nacht maximal beschissen. Anders können wir es nicht beschreiben. In der Nacht musste Leon sich – aus unerklärlichen Gründen – fast übergeben und Malte hatte seine Hängematte zur Liegematte umfunktioniert. Johannes schwitzte sich erst zu Tode, weil er den Schlafsack als einen Coocoon nutze und als dies nicht funktioniere die ganze Nacht jeglichen Insekten schutzlos ausgesetzt war. Zudem wurde aus Fahrrädern, Taschen und Adiletten ein Wall gegen Schlangen errichtet. Kurz um, allen ging es irgendwie dreckig und wir wollten einfach schnell los. Zu allem Überfluss stand Leon noch mit dem falschen Fuß auf. Auf seine Brille. Neue tiefe Kratzer und ein verbogener Rahmen waren das Resultat.
Unser Frühstück wollten wir nach 20 Kilometern zubereiten und einnehmen. Doch erst beim Milchkochen fiel uns auf, dass wir einfach keine Haferflocken mehr dabei hatten. Wir disponierten um und freundeten uns mit dem Gedanken an Nudeln mit Tomatensoße zum Frühstück zu essen. Doch in unserer Trottelei stellten wir dabei fest, dass wir nichtmal Nudeln dabei hatten. Natürlich erst nachdem das Wasser zum zweiten Mal kochte, und die Zwiebeln und Möhren bereits geschnitten waren. Mehr als ein ungläubiges Gesicht und ein Lachen fiel uns dazu auch nicht mehr ein. Hätten wir abends zuvor kein Essen abgesahnt, wären wir wahrscheinlich gemeinschaftlich implodiert.
Wir aßen also zumindest das Obst und düsten hungrig weiter. Ganz ehrlich, sowas dämliches ist uns bisher nicht passiert. Der nächste Supermarkt war etwa eine Stunde entfernt, dieser wurde somit zum nächsten Ziel. 👌
Unsere Weiterfahrt war, wie üblich, hügelig. Diesmal ging es bergauf und zwar in kurzen Intervallen mit Laktatwellen en Masse. Die Hitze setzte uns zu, obwohl es noch vor 12:00 Uhr war.
Die Rettung wartete in Lećevica. Ein Minimarkt und ein Restaurant warteten auf unseren Heisshunger. Wir saßen somit die gesamte Mittagszeit bei Imbiss-Pizza und Erfrischung im „Grill & Coffee Baky“.
Weiter ging es erst um 15:00 Uhr. Die Außentemperatur machte es unmöglich vorher loszufahren. Wir hielten nach weiteren fünf Kilometern abermals an einer kleinen Betonhütte und dösten noch ein wenig um uns von der kurzen Nacht zu erholen.
Kurz bevor wir voll motiviert die letzten 25 Kilometer nach Split in Angriff nehmen wollten, änderten wir unsere Route. Wir wollten uns eine Schotterpiste ersparen und so ging es über eine nicht befahrene zweispurige Landstraße Richtung Meer. Erst beim letzten Anstieg gesellten sich die Verbrenner wieder zu uns. Der Feierabenverkehr zeigt sich von seiner besten Seite und es wurde direkt hektisch stressig und eng auf der Straße.
Oben angekommen, über Split, bewunderten wir das Panorama und fuhren über Serpentinen durch einem Tunnel nach Split.
Dort hatten wir noch einiges zu erledigen, bevor wir uns mit Thea im AirBnB trafen. Decathlon und Bauhaus waren erfolgreiche Stationen. Jedoch verschlechterte sich die Stimmung zum ersten mal, als Leon auf dem Parkplatz vom Bauhaus feststellte, dass sein Reifen mal wieder Luft verlor. Der Versuch einen neuen Reifen für Johannes zu kaufen, schlug, trotz Reservierung, leider fehl. Die Stimmung kam zu einem weiteren Tiefpunkt! Der Fahrradladen hatte für heute dicht gemacht. anderthalb Stunden früher, als es die Öffnungszeiten besagten.
Auf dem Weg ins Apartment bemerkten wir, dass in den Bars und Kaffees der Stadt ein Fußballspiel gezeigt wurde. Johannes fand heraus, dass es das Finale des kroatischen Pokals war und Split zuhause gegen Rijeka spielte. Auf der größten Allee war sogar Public Viewing aufgebaut. Wir hetzten, da Leons Reifen nach dem aufpumpem weiterhin an Luft verlor, durch die hektische Stadt und schlängelten uns mit den Rädern durch die Menschenmenge auf der Promenade. Die heitere Stimmung in Split verbesserte unsere angespannte Laune zumindest etwas. Wir wollten einfach nur im Apartment ankommen.
Als wir Thea trafen, waren wir ordentlich erschöpft und mussten alle erstmal duschen. Zudem hatte Thea weitere Radreisende eingeladen. Zum Einen Yohan, einen französischen Bikepacker – in Oslo gestartet – mit unglaublich wenig Gepäck und Julia, einer Deutschen aus Magdeburg mit einem ähnlichen Setup, wie wir es fahren. Wir quatschen zu sechst über allerlei Dinge, bis uns der Magen in der Kniekehle hing und wir auf schnellstem Wege in die Altstadt liefen. Nach langer Entscheidungsfindung – wie gesagt, wir waren zu sechst – aßen wir für zweite Pizza des Tages.
Im Anschluss ging es durch die Stadt. Thea schmiss anlässlich ihres Geburtstags eine Runde für alle. Malte fand, zur großen Freude der Gruppe, einen herrenlosen Kohl und Johannes zwei Dosen Heineken. Hadjuk Split, der örtliche Fußballverein, hatte in der Zwischenzeit den Pokal gewonnen und die Stadt zelebrierte dies mit Pyrotechnik, Feuerwerk und tausenden Besoffenen.
Wir hielten uns, aufgrund der eskalierenden Situation, nicht lange auf und zogen es vor zurück ins AirBnB zu gehen. Dort tranken wir noch eine Flasche Sekt, die Julia, zur Feier von Theas und Maltes Geburtstag, mitgebracht hatte. Wir gingen schließlich, spät in der Nacht und nach weiteren netten Gesprächen und Musik, ins Bett.
Bei Eueren Schilderungen wird mir bewusst, wieviel Zeit Ihr mit der Sorge für das blosse Überleben verbringen müsst. Einen sehr großen Teil nimmt die Suche nach geeigneten Schlafplatz, der Auf- und Abbau der Lager, das Einkaufen, das Kochen, die Körperpflege etc. ein. Und dann noch Reifen flicken, reparieren, essen und schlafen. Da bekommt der Spruch “Der Weg ist das Ziel” eine neue und aufdringliche Bedeutung. Das ist schon anstrengend, oder?