Den geplanten Wecker um 9 Uhr haben wir leider wieder verpasst. Trotzdem schaffte es Malte um kurz nach zehn schon auf das Sofa, was schließlich auch Leon aus dem Bett trieb. Nach etwa 100 verschlafenen Weckern und dem dritten Mal Snooze kam dann doch die “Auferstehung” – oder zumindest der Plan, diese durch den möglichst schnellen Genuss eines Bac Xiu herbeizuführen. Also im Schnellstartverfahren aufs Moped und los in ein Café, das Malte noch vom letzten Vietnam-Trip kannte. Es war das Café, in dem Malte beim letzten Besuch immer wartete, nachdem er Haiyen beim Friseur in der Nähe abgesetzt hatte.
Weder der Friseur noch das Café waren allerdings aufzufinden – zum einen wegen der unzähligen kleinen, ähnlichen Straßen, zum anderen aufgrund von Maltes exzellentem Ortsgedächtnis (nicht). Wir fuhren also ein paar Runden, bis wir an ein anderes Café kamen, das leicht erhöht und gutem Ausblick auf eine viel befahrene Kreuzung eine unterhaltsame Atmosphäre versprach. Vorm Eintreten schauten wir kurz noch im die Ecke in einen anderen Laden, wurden vom Personal des ersten Kaffees jedoch eindringlich darauf hingewiesen, dass wir uns dort nicht niederlassen sollten. Warum auch immer?!
Malte entschied sich für Bac Xiu, während Leon einen Kokosnuss-Kaffee mit frischem Kokosnuss-Sorbet genoss. Malte hätte beim Anblick des Kokosnusskaffes gerne mit Leon getauscht, er weigerte sich jedoch unverschämterweise.
Da saßen wir also und ließen das Geschehen auf der Kreuzung auf uns wirken, bis uns auffiel, dass aus dem Eingang des Etablissements nebenan ein spezielles, sichtlich glückliches Klientel mit eher eingeschränktem Körpergefühl heraustorkelte. Was da wohl vorging? Unsere Spekulationen gehen in Richtung Opiumhöhle – vielleicht finden wir es irgendwann genauer heraus. Der Kaffee war jedenfalls sehr lecker, und man wird uns hier jetzt wohl häufiger antreffen (wegen des Kaffees, nicht wegen der Opiumhöhle).
Da sich der vom Bac Xiu erwünschte Effekt einstellte, stand als nächstes das Frühstück an. Wir steuerten zur „Pho-Frau“, die quasi auf der gegenüberliegenden Straßenseite ihr Restaurant hat. Diesmal durften wir nicht selbst eine neue Zubereitungsart auswählen, da uns ohne Widerrede schon eine bestimmte Sorte Pho Bo „Tai Chinh“ ans Herz gelegt wurde. Sehr lecker, nahrhaft und perfekt, um gestärkt in den Tag zu starten.
Den Mittag verbrachten wir abermals damit, einige Sachen am Laptop zu erledigen, uns zu organisieren und ein bisschen auf dem Sofa zu verweilen, während wir den schönen Blick auf den Ho Tay aus dem Fenster genossen. Seit einigen Tagen ist der Smog/ Dunst in Ha Noi stark zurückgegangen und man kann aus der Wohnung auch über den See hinweg weit in die Ferne blicken.
Gegen 16 Uhr beschlossen wir, uns um unsere alten und kaputten Handys zu kümmern – neue Akkus mussten her. In Vietnam sind Dienstleistungen sehr preiswert und es wird noch viel repariert, sodass hier der optimale Ort ist, um seine elektronischen Geräte auf Vordermann zu bringen. Außerdem wollten wir in einen Brillenladen in der Nähe, um ein wenig nach einer Brille für Haiyen umschauen. Die Brillen hier sind natürlich primär für den asiatischen Markt ausgelegt, sodass sie Haiyen besser passen. Dort angekommen, entschlossen sich Leon und Malte kurzfristig dazu, selbst neue Gläser bzw. eine neue Brille zu besorgen. Das Ganze dauerte bei Leon wegen seiner speziellen Werte eine Weile, da die Gläser erst noch bestellt werden mussten – er war auf der Fahrradtour durch Kroatien auf seine Brille getreten und brauchte eigentlich schon seitdem dringend neue Gläser, war jedoch bisher zu geizig gewesen. Malte konnte einfach die Werte seiner alten Brille übernehmen und konnte den Laden nach einer gefühlten Ewigkeit gleich mit einer neuen Ersatzbrille verlassen.
Es war bereits Abend geworden, als wir uns mit dem Moped auf den Weg zum Handyreparaturladen „Apple No. 1“ machten. Wir erreichten ihn wohlbehalten, allerdings erst kurz vor Ladenschluss. Eine etwas zu komplizierte Unterhaltung – zwischen uns bzw. ChatGPT als Übersetzer und der netten Dame am Tresen – hatte schließlich die Information zum Ergebnis, was die Reparatur kosten und wie lange sie dauern würde: ca. 30 € für einen neuen Akku und 18 € für den Austausch der Glasrückseite des iPhones! Nicht vergleichbar mit den Preisen in Deutschland. Leider machte der Laden bald zu und wir hätten bis zum nächsten Tag auf unsere iPhones warten müssen, deswegen entschlossen wir uns am nächsten Tag wiederzukommen.
Zum Abendessen suchte Leon auf dem Rücksitz des Mopeds sitzend, ein Restaurant, während Malte in Richtung Wohnung steuerte. Malte hatte so großen Hunger, dass ihm eigentlich alles recht war was weniger als fünf Minuten in der Zubereitung dauerte, und überließ Leon die Entscheidung – solange diese nur schnell genug getroffen wurde. Das gefundene Restaurant war zwar nicht Gourmetklasse, aber für unseren recht großen akuten Hunger aber perfekt geeignet, und zudem war die Bedienung super freundlich.
Es handelte sich um ein größeres Gebäude mit zwei Stockwerken und einigen Schülern und Studenten, die sich dort zum abendlichen Essen trafen. In der Mitte jedes Tisches war eine Kochplatte eingelassen, auf die ein Topf mit bis zu zwei verschiedenen Brühen gestellt werden kann und in der man dann allerlei Fleisch und Gemüse zubereiten kann. Die beiden Brühen (thai und vietnamesisch) wurden mit einer Vielzahl an Beilagen wie Chinakohl, Pak Choi, Wasserspinat, Sushi, Fleisch, frittierten Hühnchenteilen sowie frischem Rind- und Schweinefleisch serviert. Sobald das Kochgut gar war – und das ging relativ schnell –, konnte man sich herausfischen, was einem gerade gefiel, und es in der eigenen Schüssel mit etwas Soße genießen – ein Festmahl.
Nachdem wir fast alles aufgegessen und eigentlich völlig satt waren, fiel uns auf, dass es noch gar keinen Nachtisch gab – das konnte nicht so bleiben. Es gab süßes Buffet mit Spezial-Schnee-Eis, wie man ihn sonst nur aus TikTok-Videos kennt: von der Rolle gezogen, optisch cool, geschmacklich top. Dazu konnten wir uns frische Früchte, teilweise mit Chili bestreut nehmen.
Nach dem Essen machten wir noch einen Zwischenstopp bei Circle K, um Spaßgetränke und zwei große Kanister Wasser zu holen. Malte spielte noch ein paar Partien Schach auf dem Handy, während Leon mal wieder den Blog vorbereitete. Geplant war, um Mitternacht im Bett zu liegen – mal sehen, ob noch eine weitere Partie Schach dazwischenkommt.
Spoiler: Es kam noch eine Partie dazwischen…