An diesem Morgen musste es aber losgehen! Wir hatten unsere Wecker auf 6:30 Uhr gestellt und uns vorgenommen, um 8:00 Uhr gemeinsam mit Hugo loszufahren. Vorher wollten wir noch frühstücken. Der Regen hatte sich mittlerweile zum Glück vollständig gelegt. An seiner Stelle strahlte wie gewohnt die Morgensonne. Da die Zubereitung des Frühstücks und das Zusammenpacken unserer Sachen für unsere Verhältnisse relativ schnell ging, brachen wir lediglich eine halbe Stunde nach unserem Zeitplan auf. Die Strecke nach Tirana wurde uns am Vorabend von Jakob als Weg, den man halt zurücklegen müsste, um von A nach B zu kommen, beschrieben. Wir nahmen die Strecke aber landschaftlich als recht schön wahr.
Albaner scheinen, im Gegensatz zu vielen anderen Nationen dieser Erde, zu verstehen, dass selbst Fahrräder ihren Platz auf der Straße haben. Sie überholten, wie auch schon am Vortag, stets mit genügend Sicherheitsabstand, was das Fahren auf der Straße wirklich deutlich angenehmer machte. Zudem hatten wir starken Rückenwind und es fühlte sich an als würden wir mit elektronischer Unterstützung fahren. Nach circa 30 km, die uns vorkamen, als wären es nur zehn gewesen, machen wir einen kleinen Zwischenstopp mitten im Nirgendwo. Johannes musste aufs Klo und wir wollten außerdem auch noch einen Kaffee trinken.
Kurze Zeit später ging es weiter, mit dem Ziel weitere 30 km vor der nächsten Pause abzuspulen. Wir hielten in der Zwischenzeit lediglich bei einem Friedhof. Wir wurden bereits vorgewarnt, dass dort ein besonders interessanter Grabstein zu finden sei. Jemand hatte sich als Grabstein sein eigenes vergoldetes Denkmal gebaut. Interessant! Wir hielten noch ein paar mal, weil sich Leons vordere Taschen bei den kleinsten Erschütterungen ständig lösten und für ein paar Pinkelpausen pausieren mussten.
Die nächste größere Pause legten wir in Laç ein, als wir eine riesige Industrieruine am rechten Straßenrand sahen. Sie war so groß und verfallen, dass wir sie uns unbedingt genauer ansehen wollten. Nachdem wir alles erkunden hatten schlossen wir Wetten ab was hier ursprünglich mal produziert wurde. Malte lag mit seiner Vermutung richtig, dass hier einmal Düngemittel hergestellt wurden. Dies ging mit der erschreckenden Erkenntnis einher, dass hier unter anderem Arsen in den Boden versickert war. Einem Zeitungsartikel über das Düngemittelwerk zufolge wachsen auf dem Grundstück und den umliegenden Hügeln, aufgrund der vergiften Böden, keine Bäume mehr. Auf dem Fabrikgelände allein befinden sich circa 300.000 t kontaminiertes und teils radioaktiv verseuchtes Material. Wir verließen das Gelände daraufhin sofort.
Ein paar hundert Meter weiter sahen wir auf der linken Seite einen Elektronikfachhandel, vor dem mehrere voll bepackte Räder parkten. Interessiert hielten wir an und im gleichen Moment kamen auch ein paar sehr interessant aussehende Menschen aus dem Laden. Es stellte sich heraus, dass es sich um Radreisende auf dem Weg nach Kasachstan handelte. Sie waren aus Canada, Australien und Großbritannien angereist und auch schon eine Weile unterwegs. Wir fuhren gemeinsam weiter und stellten somit eine Parade von mittlerweile neun Leuten dar. Bei einigen Autofahrern sorgte es für Erheiterung, bei anderen vielleicht eher zu Frust. Es war interessant zu sehen, wie stark sich selbst westliche Kulturen unterscheiden. Unsere neuen Mitreisenden waren laut. Sie grölten und klingelten bei jedem Überholmanöver, oder wenn es Hindernisse auf der Straße gab. Kurz bevor wir uns daran gewöhnten, wurde es uns fast zu viel. Danach war es dann aber doch ganz witzig. Schon seit unserem Besuch auf dem Fabrikgelände verspüren wir das dringende Bedürfnis unseren Hunger nach Burek zu stillen. Kurioserweise führte unser Weg nicht an einer einzigen Bäckerei vorbei. Normalerweise waren alle paar Kilometer welche zu finden. So hielten wir circa 20 km lang Ausschau. Unsere neuen Mitstreiter warteten geduldig, denn sie wollten etwas essen.
Nachdem wir das zweiten Mal bei Ortsansässigen nachfragten, wurde es ihnen dann doch zu viel und sie ließen sich kurzerhand auf einem Parkplatz nieder. Sie hatten ihr Mittagessen bereits am Vortag eingekauft. Wir staunten nicht schlecht als sie anfingen Stühle und Tische auszupacken.
Da wir noch immer nicht zu unserem Burek gekommen waren, mussten wir leider weiterfahren. Vorher tauschen wir jedoch noch diverse Social Media Profile aus. Circa einen Kilometer später fanden wir die Bäckerei auf der rechten Seite. Wir legten nur einen kurzen Snackstop ein und düsten gleich weiter Richtung Tirana. Glücklicherweise hat uns der EuroVelo 8 an den am stärksten befahrenen Straßen Tiranas vorbeigelotst. Auf dem Weg begegneten uns wenige Autos, er war dafür jedoch umso abenteuerlicher.
Wir kamen schließlich auf dem Hauptplatz Tiranas an. Für Malte und Johannes stellt dies das Ende ihrer Radreise dar. Darauf tranken wir einen Feigenlikör, der irgendwo aufgetaucht war.
Als wir danach im Airbnb ankamen, wurde uns erst bewusst, wie klein es tatsächlich war. Für vier Männer reichte es gerade so aus. Als wir unser Gepäck nach oben geschafft hatten, hatten wir kaum noch Platz zum Gehen. Das war jedoch gar nicht so wichtig, weil wir das Apartment sowieso nur zum Schlafen nutzen wollten. Über Instagram kommunizierte Johannes mit der anderen Reisegruppe. Wir wollten gemeinsam essen gehen. Daher trafen wir uns vor ihrem Hostel und gingen nur eine Straße weiter in ein gutes, aber dennoch sehr günstiges Restaurant. Dort angekommen haben wir es uns richtig gut gehen lassen, da wir endlich die Einladung von Maltes Mutter einlösen konnten. Vielen Dank dafür!
Es wurden viele, rege Gespräche geführt. Aus Sicht unserer kanadischen Freunde war alles „so crazy“ und „awesome“. Auch wir würden uns ebenfalls als begeisterungsfähig bezeichnen, aber diese überbordende Begeisterung und vor allem ihre Art diese auszudrücken fanden wir faszinierend.
Nach dem Abendessen sind wir gemeinsam ins Hostel gegangen und haben dort noch Bier zusammen getrunken. Auch dort haben wir, weiterhin begeistert, viele Gespräche geführt. Es hat Spaß gemacht! Gegen 00:30 Uhr sind wir im Airbnb angekommen und in einen komatösen Schlaf gefallen.
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