Tag 78: Aus Versehen über 100km gefahren

Schon am Abend hatte sich schon angedeutet, dass die Motivation am nächsten Morgen wesentlich besser sein würde. So war es dann glücklicherweise auch. Es war richtig gewesen, sich ein wenig auszuruhen.

Leon genoss noch einmal den Luxus der Dusche und machte sich gemächlich abfahrbereit. Kurz vor der Abfahrt entschied er sich noch dazu, doch nicht durch Bulgarien zu fahren, sondern stattdessen durch Griechenland. Die Höhenmeter der Route durch Bulgarien konnten der flachen Küste Griechenlands nicht die Stirn bieten. Nachteil daran, durch Griechenland zu fahren, ist, dass es dort leider wesentlich teurer ist. Wenn man jedoch davon ausgeht, dass im Gegenzug dafür weniger Tage notwendig sind, um in der Türkei anzukommen, könnte die Rechnung trotzdem aufgehen. Zumindest konnte Leon es sich auf diesem Wege gut schönrechnen.

Die ersten gut 15 km der Strecke nach Süden Richtung Griechenland führten über eine Schotterpiste. Sie wurde einer Inschrift zufolge, die man im Stein noch lesen kann, auf Befehl Kaiser Wilhelms II von dessen Soldaten erbaut. Sie hätten sich ruhig etwas mehr Mühe geben können!

Der Weg führte entlang einer scheinbar ungenutzten Bahnstrecke. Sie sah eigentlich gar nicht so aus, als wäre sie nicht mehr in Benutzung. Bemerkenswert war trotzdem, dass Leon während der gesamten Zeit, die neben ihr herfuhr, kein einziger Zug begegnete.

Der Rückenwind hielt an, als Leon auf die Landstraße wechselte. Nach der Fahrt durch den Canyon entlang der Eisenbahnstrecke wirkte die darauffolgende Landschaft recht gewöhnlich. Es wurde zwar immer heißer, aber Leon wollte nicht anhalten, bevor er an dem See an der Grenze Nordmazedoniens nach Griechenland angekommen war.

Dort angekommen setzt er sich in eine Art Strandbar mit schrecklicher und noch dazu viel zu lauter Musik. Leider traf er nicht die Entscheidung, dort doch noch einmal aufzustehen und eine andere Bar aufzusuchen. Wie nervtötend die Musik war, bemerkte er erst, als er die Bar dann wieder verlassen hatte und endlich wieder hören konnte.

Im Schatten genoss er für ein paar weitere Minuten diese neu kennengelernte Ruhe, bevor er sich auf den Weg über die Grenze machte. Angekommen in Griechenland, veränderte sich erst mal nicht viel. Ein paar Hügel machten sich bemerkbar und die Sonne schien noch etwas unerbittlicher. Das könnte aber auch einfach mit dem Tageswetter oder generell der Tageszeit zusammengehangen haben.

In einem der vielen kleinen Dörfer, die er durchquerte, machte er auf der linken Straßenseite einen Laden aus, der mit großen Schildern dafür warb, dass es im Innenraum klimatisiert sei. Außerdem konnte man dort auch einen Kaffee bekommen. Leon kühlte sich drinnen ein wenig ab, bestellte sich einen Kaffee und kaufte noch ein paar Snacks. Danach setzte er sich auf die Terrasse vor dem Laden. Kurze Zeit später setzte sich ein weiterer Mann auf die Terrasse und fing an, sich mit Leon auf Deutsch an zu unterhalten. Die beiden hatten ein nettes Gespräch, an dessen Ende der schon 82 Jahre alte, kettenrauchende Chemiker darauf bestand, dass Leon sich noch etwas Wegproviant aus dem Laden holen solle. Er würde dafür bezahlen.

Gestärkt ging es bei sinkenden Temperaturen weiter. Die Hügel waren zwar nicht anspruchsvoll, hatten aber trotzdem das Potenzial, Schweißausbrüche auszulösen.

Ursprünglich hatte Leon sich vorgenommen, die abendliche Kühle zu nutzen, um noch richtig Kilometer abzureißen. Aber Komoot führte ihn mal wieder über besonders abenteuerliche Wege. Erst ärgerte sich Leon über den schlechten Straßenbelag. Das änderte sich jedoch, als er hinter einem Hügel in ein kleines Tal fuhr, das von einem Bach durchzogen wurde. Zu seinen Seiten standen riesige Bäume und unter ihnen nichts als Wiese. Der perfekte Ort, um sich im Bach den Schweiß des Tages abzuwaschen, auf der Wiese zu kochen und zu essen und zwischen den riesigen Bäumen zu schlafen. Es war wunderbar! Mal wieder einfach perfekt. Es gab sogar die Möglichkeit, die Hängematte statt an zwei Bäumen nur an einem Baum aufzuhängen. Gedacht, getan. Mal was Anderes!

Als die ersten Mücken sich bemerkbar machten, bewegte sich Leon dann aber schleunigst in die Hängematte. Schon jetzt hatte er das Gefühl, sie könnte ein wenig zu schräg hängen, traute sich aber wegen der Mücken nicht mehr hinaus und schlief bald darauf auch schon ein. War wohl nicht so schlimm.

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