In den Bäumen am Rande der Schafsweide erwachten wir und entschieden uns, den Tag erstmal ohne Frühstück zu beginnen.
Die voll bepackten Räder den steinigen Trampelpfad herunterzufahren, war ähnlich schwierig, wie sie am vorherigen Abend hochzuschieben. Johannes, der beim Zusammenpacken mittlerweile immer vorne liegt, hatte sein Rad bereits nach unten gebracht und wartete auf Leon und Malte. Kurze Zeit später waren alle fertig und wir starteten wir die Abfahrt auf der alten Straße. Es erforderte ein hohes Maß an Koordination, da der Teer der Straße an vielen Stellen weggebrochen ist und Schlaglöcher den übrigen Rest der Straße ebenfalls unbrauchbar machen. Im Gegenzug konnten wir während der Abfahrt die Aussicht genießen.
Leon war schnell hungrig, weswegen wir nach einer Pekara oder einem Supermarkt Ausschau hielten. Wir kamen an ein paar Dörfern vorbei, deren wenige Einwohner versuchten Bootsfahrten an Touristen zu verkaufen. Ansonsten waren die Dörfer quasi ausgestorben. Wir fanden, nach einigen Versuchen, einen Supermarkt mit Backwaren, wo wir die letzten Burek und Krapfen ergattern konnten. Leons Hunger hatte gefährliche Ausmaße angenommen und wir mussten handeln, damit Johannes und Malte nicht verspeist würden. Die Einkäufe Leon fand schnell ein Plätzchen um sein Frühstück zu sich zu nehmen. Johannes und Malte wollten erstmal noch ein Stückchen weiterfahren und so trennten wir uns für ein paar Stunden auf. Es war bisher eher schattig gewesen und durch den Fahrtwind auch einigermaßen angenehm kühl, das änderte sich dann aber schnell.
Nach etwa acht Kilometern in der Sonne wurden Johannes und Malte von einer kleinen Bar am Straßenrand überrascht, die zudem eine atemberaubende Aussicht über den See bot. Ziel war es den See am Abend gemeinsam zu erreichen. Der Skutarisee ist der größte See Montenegros und neben dem Gardasee auch der größte See Südeuropas und zudem auch den Balkans. Er grenzt an Montenegro und Albanien und ist nur etwa zehn Kilometer vom Meer entfernt. In der kleinen Bar tranken Johannes und Malte erstmal ein paar hausgemachte Säfte und warteten, geschützt durch einen Sonnenschirm, auf Leon.
Er kam kurze Zeit später und erzählte uns zuerst von Hugo, einem französischen Radreisenden, den er getroffen hatte und der die gleiche Route wie wir fahren möchte. Kurz danach sprachen wir noch mit zwei Motorradfahrern, die wie Johannes ebenfalls aus Hannover kamen und sich für unsere Radreise interessierten. Leons Vater spendierte uns im Anschluss noch jeweils ein Bierchen – danke dafür!
Nach einem Nickerchen ging es für uns gut gestärkt und ausgeschlafen weiter in Richtung Shkodër. Auf Empfehlung wählten wir den steileren Weg über ein paar Berge, der über die Landzunge am See entlang führt.
Es folgten dementsprechend einige Höhenmeter, die wir schnell bezwangen, bis wir vor einer weiteren Entscheidung standen. Es war schon später als erwartet und wir überlegten entweder herunter an den See zu fahren, um dort schwimmen zu gehen, oder keine Pause einzulegen und den nächsten Berg schonmal hinter uns zu bringen. Schwimmen zu gehen bedeutete, dass wir die 40 Höhenmeter aber auch wieder hinaufklettern müssten. Trotzdem entschieden wir uns dazu hinunter zu fahren, da auf der Karte ein wunderbarer Strand eingezeichnet war. Unten angekommen standen wir erstmal vor einem kleinen Restaurant direkt am See und wunderten uns, wie es jetzt weiter zum Strand gehen könnte. Wir fragten den Eigentümer des kleinen Restaurants und er zeigte uns einen kleinen, schmalen Betonpfad, der direkt am Wasser, entlang der steilen Bergwand, bis zum Strand führte.
Wir gingen alle schwimmen, unter anderem um uns zu duschen und vom Dreck des Tages zu befreien. Das Wasser war leider durch die sonnigen Tage bereits lauwarm und so war es eben eher ein Jungbrunnen und keine wirkliche Abkühlung. Dafür gab es jedoch tausende kleine Fische, die ohne Kontaktängste anfingen, am ganzen Körper zu knabbern. Für Leon und Malte eine wunderbare Massage, Johannes konnte die Begeisterung nicht vollständig teilen.
Direkt am Wasser war neben dem schönen Strand auch ein Restaurant. Die Terrasse mit Zugang zum See und Tischen und Stühlen bot sich perfekt zum Kochen an. Da das Restaurant gerade schloss, und sowieso nur Buchungen im Voraus zuließ, fragten wir kurz ein paar Mitarbeiter. Uns wurde gestattet, unser Essen am Tisch mit Seeblick zuzubereiten.
Eigentlich wollten wir nur kurz Essen, um dann noch weiter zu fahren. Jedoch überkam uns während des Essens bereits schon etwas Müdigkeit und in einer Konsensentscheidung, entschlossen wir uns vor Ort zu übernachten. Wir hatten die Rechnung ohne die Restaurantbesitzer gemacht. Auf die Nachfrage, ob es in Ordnung sei, am nahegelegenen Strand zu campen, wurde verneint. Der Strand ist Privatbesitz und obwohl er schon menschenleer war, sind Radreisende dort nicht erwünscht. Da wir wirklich sehr erschöpft waren, entfernten wir uns nach kurzer Enttäuschung nur ein paar Meter vom Restaurant. Wir fingen an auf dem Zugangsweg auf dem Beton nach Campingmöglichkeiten zu suchen. Johannes wählte einen Hängemattenplatz weiter entfernt zwischen zwei Bäumen. Malte schaffte es zum ersten Mal seine Hängematte einfach zwischen zwei Felsen aufzuhängen und Leon wählte den Weg der Liegematte. So schnell wie dieses Mal hatten wir unser Camp noch nie aufgebaut. Es war noch immer sehr warm und die Temperaturen sollten die gesamte Nacht nicht unter 23 °C fallen. Wir schliefen alle ohne Schlafsack und genossen die untergehende Sonne über dem See.
In der Ferne waren ein paar Fischer zu sehen, die auf ihren kleinen Boten hin und her über das Wasser fuhren. Wir hatten mal wieder kurz vor knapp den perfekten Schlafplatz gefunden. Lediglich die Frösche waren extrem laut!
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