Tag 72: Gewitter im Gebirge

In der Nacht hatte es zwar keine Mücken gegeben, aber dafür viel Tau. Das Tarp war dementsprechend total nass, als Leon zum Sonnenaufgang aufwachte. Er bereitete sich sein Frühstück zu und ließ sein Tarp trocknen. Er durfte sich sein Wasser im Café auffüllen. Währenddessen unterhielt Leon sich nur kurz mit dem Eigentümer und fragte ihn, ob er davon wüsste, dass er bei WarmShowers seinen Garten zum Schlafen zur Verfügung stellen könnte. Wusste er nicht, aber er fragte, ob Leon ihm dort einen Account erstellen könne. Diese Aktion artete schließlich ein wenig aus, Leon bekam einen Kaffee und saß mit dem Sohn eine gute Stunde im Café und richtete Accounts auf verschiedenen Plattformen ein.

Immerhin war das Tarp zu dem Zeitpunkt, als alles fertig eingerichtet war, bereits getrocknet. Es konnte also losgehen!

In Elbasan wollte Leon sich frisches Waschbenzin zulegen, da die Vorräte mittlerweile wieder zur Neige gingen. Er fragte bei vielen unterschiedlichen Läden nach, übersetzte Waschbenzin dabei auf unzählige unterschiedliche Arten und Weisen. Es war nicht zu bekommen. In einem Laden mit dem Namen „deutsche Farben“ versuchte er es ein weiteres Mal. Dort war der sehr junge Verkäufer der festen Überzeugung, das richtige für ihn zu haben. Er gab ihm zwei Flaschen eines transparenten Lösungsmittels mit, weigerte sich jedoch, dafür Geld anzunehmen. Auf dem Weg aus der Stadt fuhr Leon durch das Marktviertel. In jeder Straße wurde etwas anderes angeboten. Von Obst und Gemüse bis hin zu Schuhen und Haushaltswaren. Bei einem Stand mit Haushaltswaren machte er kurz Halt, um sich ein neues Geschirrtuch zu kaufen. Das alte hatte er wohl leider in Tirana vergessen. Ein herber Verlust! Wieder auf dem Fahrrad, versuchte er ein weiteres Mal, endlich aus der Stadt zu kommen. Doch nur ein Stückchen weiter befand sich auf der rechten Seite ein Baumarkt. Dort fragte er noch einmal nach Waschbenzin. Nach einigem Hin und Her waren sie sich auch hier sicher, dass sie genau das Richtige für ihn hätten. Leon war sich da noch nicht so sicher. Auf dem Parkplatz vor dem Baumarkt probierte er deshalb, den Kocher mit den erworbenen Lösungsmitteln zu betreiben. Ohne Erfolg! Glücklicherweise konnte er alles wieder zurückgeben. Kurzerhand ging er also zur nächsten Tankstelle und kaufte sich statt Waschbenzin ganz normales Benzin. Das rußt zwar ein wenig mehr und riecht auch wesentlich stärker, aber funktionieren tut es auch! Leon fuhr schließlich noch an der Hauptstraße der Stadt entlang, wo er sich ein Börek kaufte und auch sofort verspeiste. Der Weg aus Elbasan hinaus und auch die nächsten Kilometer waren nicht schön, aber dafür flach. Es wurde immer wärmer. Als es zu warm wurde, macht er bei einem Kiosk halt und kaufte sich eine Cola. Hinter dem Kiosk befand sich eine Bank im Schatten, auf der er sich niederließ und ein Nickerchen machte.

Ausgeruht ging es weiter Richtung Osten. Die Fahrt hinauf zum Stausee stellten die ersten Höhenmeter des Tages dar.

Die Straße entlang des Hauses war nicht super flach, dafür wenig befahren und gut ausgebaut. Das Tal fing an, immer schmaler zu werden. Am hinteren Ende des Stausees lag eine Stadt, wo Leon sich eine weitere Pause gönnte. Er kaufte sich ein paar Kirschen und setzte sich in einem kleinen Park auf eine Bank. Nach einiger Zeit beschlich ihn das Gefühl, noch nicht weit genug gefahren zu sein und sattelte wieder auf. Er kam jedoch nicht weit. Vor einem Kaffee sah er zwei Männer ein Bierchen trinken. Er konnte einem kühlen Bier nicht entsagen und setzte sich zu ihnen.

Nun wurde es mittlerweile schon wesentlich kühler. Die nächsten Kilometer sollte es nur noch bergauf gehen.

Das Tal wurde immer schmaler und glich bald fast einem Canyon. Die Sonne schien Leon noch in den Rücken, während sich vor ihm langsam ein riesiges Unwetter aufbaute. Weit und breit waren jedoch keine Lagerplätze zu finden. Je näher er dem Unwetter kam, desto unheimlicher wurde es ihm auch. Die Wolken waren bereits direkt über ihm, die Sonne auf der anderen Seite wurde aber noch nicht von ihnen verdeckt. Er konnte sehen, wie die Blitze vor ihm im Tal einschlugen. Er konnte den Regen sehen und spürte wie sich die Windrichtung änderte. Schon zu dritt diesen Weg zu fahren wäre unheimlich gewesen … das Alleinsein führte jetzt dazu, dass Leon sich noch ausgesetzter fühlte.

Auf der Suche nach einem Platz fiel ihm siedendheiß ein, dass er vergessen hatte, Öl für das Abendessen zu kaufen. Bei einem Restaurant fragte er nach einem kleinen Schuss Olivenöl. Er konnte sich welches abfüllen. Ein paar Kurven weiter fand er schließlich endlich eine Ebene rechts von der Straße. Bisher war rechts von der Straße nichts weiter als der Steilhang und links davon genau das gleiche. Auf dieser Ebene befinden sich sogar zwei Bäume. Es konnte also sogar klappen, in der Hängematte zu schlafen.

Leon hat schließlich noch gekocht und ist anschließend völlig fertig in die Matte gefallen. Das Gewitter war mittlerweile weitergezogen, das Wetterleuchten konnte man am dunklen Nachthimmel aber noch immer sehen. Unheimlich!

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